Whisky-Tasting: Allgemeines, Nützliches, Hilfreiches

Whisky-Tasting: Allgemeines, Nützliches, Hilfreiches

8. Januar 2017 9 Von Vanessa

Guten Abend, Whisky-Liebhaber und Freunde des feinen Geschmacks,

„Wasser des Lebens“ – mag man den einschlägigen Quellen glauben, bedeutet dies „Whisky“ im Gälischen. Nun, Whisky wie Wasser zu konsumieren, würde ich niemandem raten. Dies wird erstens zu teuer, zweitens nur erfreulich für den Hausarzt des Vertrauens und drittens, in Massen schmeckt er einfach nicht so gut!

Wir haben ganz klassisch mit der richtigen Verkostung begonnen, als wir auf der Couch saßen und Whisky probiert wurde. Julian hat lange vor mir den Whisky für sich entdeckt und ich habe ihm fasziniert dabei zugesehen, wie er sehr intensiv an der kleinen Menge goldener Flüssigkeit schnüffelte, bis er einen winzigen Schluck davon lange im Mund behielt und anschließend fachsimpelte, nach was dieser Whisky schmeckt – und beim nächsten Whisky kam ein völlig anderer Geschmack zustande. Wenn man sich vorher damit nie befasst hat, wirkt dieses Verhalten sehr sonderbar und unerklärlich… 😉

Um euch den Einstieg in (unsere) Verkostungen zu erleichtern, beschreibe ich den Ablauf und verlinke euch entsprechende hilfreiche Dokumente oder Bezugsquellen.

Gläser

Am besten eignen sich sogenannte Nosinggläser.

Diese zeichnen sich dadurch aus, insgesamt aus dünnem Glas gefertigt zu sein (der Whisky kann dadurch die Temperatur der Hand annehmen), einen kleinen Bauch zu besitzen (in dem sich die Aromen sammeln, wenn ihr den Whisky schwenkt), und einen schlanken Hals haben, durch den ihr konzentrierer die Aromen aufnehmen könnt.
Wir besitzen diese Gläser: Nosingglas mit Stiel*Glencairn*, Tumbler*. (von links nach rechts).

Zu Weihnachten habe ich Julian einen Whiskybecher* mit eingraviertem Schriftzug geschenkt. Optisch sehr schön, zum Verkosten leider völlig unbrauchbar. Durch den großen Hals verpuffen Aromen völlig, kleinere Schlucke trinken wird auch schwierig.
(und nein, wir haben unseren Whisky nicht mit Eiswürfeln ertränkt. In allen Gläsern befindet sich nur Apfelsaft)

Whisky

Seid gut zu eurem Whisky! Lagert ihn bitte nicht in Heizungsnähe, auf Fensterbänken oder in frostigen Gartenhäusern. Auch liegend sollte man keine Whiskyflaschen lagern, angeblich greift dies den Korken an.

Wir haben unsere Schätze in einem selbstgebauten Regal aus Holzkisten untergebracht, die wir nachträglich beleuchtet haben. Wenn Interesse an unserer Bauanleitung besteht, können wir das in einem gesonderten Beitrag gerne ausführlich erklären. (Nachtrag: Mittlerweile sind es zwei Regale. Unser Plan, das vorhandene Regal zu erweitern, erwies sich als suboptimal)

 

Störfaktoren

Achtet darauf, eine angenehme Atmosphäre zu schaffen, die weitgehend Beeinflussung vermeidet. Duft von Frittenfett oder Kohlsuppe aus der Küche, wird eure Nasen nicht für zarte Blumendüfte öffnen. Genauso sollten Körperdüfte im Rahmen bleiben – starkes Parfüm kann ähnlich beeinflussend wirken.

Achtet auch darauf, was ihr vorab esst. Es empfiehlt sich, auf scharfe, bzw. stark gewürzte Speisen zu verzichten. Zuletzt hatten wir zu einem Whisky Brote mit Knoblauchbutter gegessen – der Whisky schmeckte komplett anders, als wir es gewohnt waren. Süße Aromen blieben völlig aus, der Whisky wirkte sehr eindimensional rauchig.
Wenn ihr zur Verkostung etwas zu euch nehmen möchtet, nehmt neutrale Speisen wie eine Scheibe Baguette und ein Glas Wasser. Anschließend, nach dem Verkosten, können gerne herzhafte, fette Speisen gereicht werden.

Tasting-Notes & Tasting Wheel

Um den Einstieg zu erleichtern, könnt ihr vorgefertigte Notizzettel verwenden, um eure Eindrücke gezielt festhalten und vergleichen zu können. Wir haben uns mittlerweile selbst einen gebastelt (nach diversen Vorlagen aus dem Internet).

Wir empfehlen auch dringend ein Tasting-Wheel, auf deutsch ein Aromenrad! Dies ist ein Rad mit verschiedenen Kategorien, welche Aromen in einem Whisky enthalten sein können. Grob unterteilt geht es erst einmal um torfig, streng, holzig, malzig, duftig, fruchtig.
Julian war im letzten Jahr im Harz bei Hammerschmiede in Zorge (die interessante Führungen anbieten!). Neben einem wirklich leckeren Whisky brachte er das hauseigene Aromenrad mit. Auf der Rückseite erkennt man auch direkt, welche Aromen in den angebotenen Whiskys enthalten sind.

Das mag im ersten Moment seltsam erscheinen, wenn man sich dies anschaut, aber… wüsstet ihr spontan, was eure Nase alles aus einem Whisky herausriechen kann? Oft geht es uns so, dass wir bestimmte Aromen zwar riechen, wir sie auch irgendwo im Hinterkopf abgespeichert haben, aber nicht benennen können. Da reicht oft ein Blick auf das „Aromen-Rad“ und wir können die Eindrücke zuordnen. Ein gutes Beispiel war ein Whisky, der nach Kautschuk und Klebstoff roch. Die Gerüche kannten wir, konnten sie jedoch nicht gleich zuordnen, weil wir sie mit Lebensmittel nicht in Verbindung bringen konnten.

 

 

Sehen/riechen/schmecken

Gießt euch einen kleinen Schluck in euer Whiskyglas ein und schwenkt es vorsichtig. Ihr könnt es auch schräg halten und langsam drehen, bis die Glaswand mit einer feinen Schicht Whisky bedeckt ist. Das ist keine Verschwendung und kein Zaubertrick, sondern ihr vergrößert die Fläche, die Aromen abgeben kann und dies erleichtert das Riechen. Schaut euch die Farbe des Whiskys genau an. Ist er hell wie Weißwein, kräftig golden wie Honig oder geht er schon rötlich in Richtung Kupfer? Lasst euch bitte nicht von der Farbe blenden, sie sagt nicht unbedingt etwas über Alter, Reifung oder Qualität aus. Viele Whiskys sind mit Farbstoff gefärbt, damit ein gleichmäßiger Farbton auch in größeren Mengen gegeben und eine einheitliche Optik im Verkaufsregal gewährleistet ist.

Nähert euch nun vorsichtig mit der Nase dem Glas und beginnt zu riechen. Haltet dabei auch das Glas schräg unter die Nase und riecht mit dem einen und anschließend mit dem anderen Nasloch. Nicht jedes Nasloch riecht gleich gut, das gilt es herauszufinden. Nehmt dann kurze, tiefe Züge durch die Nase und versucht, erste Aromen herauszuriechen. Bei rauchigen Whiskys wird es zu Beginn schwierig, da müsst ihr erst den Rauch „wegschnüffeln“. Oft verdeckt der Rauch viele fruchtige Aromen, die erst nach und nach erkennbar sind wenn die Nase den Rauch „ausgeblendet“ hat. Lasst euch Zeit und genießt.

Wenn ihr beim trinken pausiert, deckt das Glas ruhig einmal mit einem Bierdeckel oder ähnliches ab und lasst das Glas einige Zeit stehen. Riecht danach und vergleicht eure Eindrücke mit den bisherigen. Oft wirken die Aromen dadurch intensiver!

Nun geht es endlich ans probieren. Nehmt einen kleinen Schluck, benetzt damit den Mundraum, macht zwischendurch auch ruhig einen Spalt weit den Mund auf und achtet auf geschmackliche Veränderungen. Brennt der Whisky unangenehm? Schmeckt er scharf oder mild, gar cremig? Viele Whiskys regen den Speichelfluss an, das werdet ihr dann zeitnah bemerken.
Achtet nach dem schlucken darauf, wie sich euer Rachen anfühlt. Hinterlässt der Whisky einen warmen, angenehmen Eindruck oder brennt er unangenehm? Hält sich der Geschmack lange im Mund, oder „verblasst“ er sehr schnell? Das bezeichnet der Kenner als „Abgang“.
Riecht nun an eurem Glas und achtet auf weitere Veränderungen im Geruch. Viele Aromen treten erst hervor, wenn man probiert hat.

Linktipp:
Videos sagen oft mehr als tausend Worte. Es gibt zahlreiche Whiskyverkostungsvideos auf Youtube, die euch schnell einen Eindruck verschaffen, wie man Whisky verkosten kann. Unsere Empfehlung ist da ganz klar Marco Bonn vom Brühler Whiskyhaus. Locker, immer mit einem flotten Spruch dabei und sehr sympathisch. Sein Whiskyhaus ist spezialisiert auf unabhängige Abfüllungen, daher werden euch viele der dargestellten Whiskys im ersten Moment nichts sagen. Lohnt sich definitiv, genauer hinzusehen und wahre Schätze zu entdecken!

Abschließende Tipps

Ein gut gemeinter Rat: Wenn ihr noch nie einen Whisky probiert habt, startet nicht mit einem zu rauchigen Exemplar! Den Fehler habe ich am Anfang gemacht und danach sehr lange gar keinen Whisky angerührt. Er schmeckte fies nach Torf (was bei mir gerne wie Seife schmeckt), der Geschmack hielt sich auch noch lange im Mund und der Alkohohlgehalt war für Einsteiger auch viel zu hoch (über 50‰) gewählt.

Kauft auch nicht unbedingt gleich große Flaschen, selbst wenn diese deutlich günstiger sind als die kleinen Probierfläschchen (auf den Literpreis gerechnet). 2-3 Whiskys sind für eine Einstiegsverkostung zu empfehlen – das ist die Menge, die man auch mit ungeübten Geruchs- und Geschmacksnerven verarbeiten kann.
Fruchtige Whiskys für den Einstieg wären beispielsweise Auchentoshan*, das Irish Whisky – Set*, oder Glenmorangie*.
Rauchige Whiskys wären beispielsweise Bowmore* oder Talisker*.
Jura bietet quasi beides in ihrem 4er Set – zwei der Proben sind rauchig, zwei sind es nicht.

Macht zwischen den einzelnen Whiskys längere Pausen, notiert eure Eindrücke und redet darüber. Trinkt in den Pausen ausreichend Wasser, um den Geschmack im Mund zu neutralisieren. Gelegentlich gehen wir auch kurz an die frische Luft, um die Nase frei zu bekommen.

Wenn ihr etwas spezielles ausprobieren möchtet: Schokolade und Whisky sind eine grandiose Kombination! Besorgt euch dunkle, herbe Schokolade (wir nehmen Zart- oder Edelbitter, manchmal auch mit Meersalz) für das Geschmacksexperiment. Verkostet den Whisky erst einmal pur, notiert eure Eindrücke und genießt nach einer Pause ein Stückchen Schokolade. Probiert anschließend den Whisky zeitnah erneut und achtet darauf, wie sich einzelne Aromen herausstellen. Uns hat dieses Experiment oft überrascht und auch den ein oder anderen Durchschnittswhisky geschmacklich deutlich aufgewertet.

 

Wir wünschen euch viel Spaß bei eurer (ersten) Verkostung. Schreibt uns doch als Kommentar, ob die Anleitung für euch hilfreich war, oder ob wir euch bei weiteren Fragen/Unklarheiten weiterhelfen können.

 


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